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Nach einem Besuch beim inhaftierten PKK-Führer Öcalan hat die DEM Gespräche mit den im Parlament vertretenen Parteien geführt – soweit diese gesprächsbereit waren. Die Iyi Partei lehnte ein Gespräch ab. Derweil bemüht sich die türkische Regierung, den Druck zu erhöhen. Bombardements in Nord-Syrien und die Absetzung von zwei weiteren DEM-Bürgermeistern sind nur zwei Beispiele. Die neu festgelegte Mindestrente reicht nicht einmal aus, eine Person zu ernähren.
Am 9. Januar beschlossen die Vorsitzenden der Gelecek, der DEVA und der Saadet Partei eine neue Partei zu gründen, die die drei Parteien vereinigen soll. Die Gründung der „Yeni Yol“ (Neuer Weg) Partei soll am 10. Januar begonnen werden. Die drei Parteien waren im Rahmen des Oppositionsbündnisses bei den Parlamentswahlen 2023 ins Parlament eingezogen und verfügen über 30 Mandate und können damit gemeinsam eine Parlamentsfraktion bilden.
Folgt man Meinungsumfragen, haben alle drei Parteien zusammengenommen keine Chance auf einen erneuten Einzug ins Parlament. Von den kleinen Parteien zeigte nur die Yeniden Refah Partei (Neue Wohlfahrtspartei) bei den Kommunalwahlen das Potenzial auch ohne Bündnis erneut ins Parlament einzuziehen. Diese Partei nimmt für sich in Anspruch, das Erbe des Milli Görüş, der von Necmettin Erbakan geführten konservativ-islamischen Bewegung, aus der auch die AKP hervorgegangen ist, anzutreten. Sie rivalisiert dabei mit der Saadet Partei, der es jedoch nicht gelungen ist, bedeutendere Wählergruppen von der AKP zurückzugewinnen. Gespräche zwischen den drei Parteien mit der Yeniden Refah wurden geführt und sollen positiv verlaufen sein. Einstweilen gibt es jedoch keine Schritte, die Yeniden Refah einzubeziehen.
Ohnehin gibt es zumindest zwischen DEVA auf der einen Seite und Gelecek und Saadet Partei auf der anderen Seite beträchtliche programmatische Unterschiede. Während DEVA auch politisch-liberale Positionen aufgreift, zeigen Gelecek und Saadet ein konservativeres Profil.
Die beiden Co-Bürgermeister der Gemeinde Akdeniz in der Provinz Mersin sowie fünf DEM-Gemeinderatsmitglieder wurden am 10. Januar festgenommen. Zugleich wurde ein Zwangsverwalter eingesetzt. Im Hinblick auf die Versuche, den inhaftierten PKK-Vorsitzenden Öcalan zu einem Aufruf zur Selbstauflösung der PKK zu bewegen, erscheint die Charakterisierung durch den Kolumnisten der Tageszeitung Karar İsmet Berkan zutreffend. Er sieht den von der Regierung angestrebten Prozess als „bedingunglose Kapitulation“ an. Ob die PKK dazu bereit sein wird, dürfte maßgeblich von den weiteren Entwicklungen in Syrien abhängen. Dass der „Friedensprozess“ jedoch kein Versprechen von Demokratisierung enthält, dürfte angesichts der Festnahmen deutlich sein.
In Nordost-Syrien halten die Kämpfe zwischen den Demokratischen Kräften Syriens (SDF) und der syrischen Nationalarmee an, wobei auch die türkische Luftwaffe sich an Angriffen auf kurdische Stellungen beteiligt. Parallel werden Gespräche zwischen der SDG und dem HTS bzw. der Übergangsregierung geführt. Den Erklärungen von kurdischer Seite zufolge haben sich alle Beteiligten darauf geeinigt, dass die Einheit Syriens nicht angetastet werden soll. Auch wurde von den SDF angeboten, PKK-Milizionäre auszuweisen und prinzipiell auch die Eingliederung in die neu aufzustellende syrische Armee angenommen. Dies würde die zwei Hauptforderungen der türkischen Regierung einlösen. Doch die türkische Regierung hatte zuvor auch gefordert, dass die kurdische PYD aufgelöst und ihre führenden Mitglieder das Land verlassen sollen. Implizit fordert sie wohl auch, dass das Selbstverwaltungsmodell nach dem Rätesystem aufgelöst wird. Und dann stellt sich natürlich auch noch die Zeitfrage. Denn von kurdischer Seite wurde bisher nicht erklärt, dass die Eingliederung der SDF in die neue syrische Armee unverzüglich erfolgen soll. Es ist eher anzunehmen, dass sie sich auf eine ähnliche Position wie die syrischen Drusen stellt, die zunächst Klarheit über die neue Verfassung haben wollen, bevor sie sich der Übergangsregierung unterstellen.
Istanbuls Oberbürgermeister Ekrem İmamoğlu hatte angekündigt, dass eine Delegation der Union der türkischen Kommunen sowie der Metropole Istanbul Syrien besuchen werde, um über Kooperationsmöglichkeiten bei der Lösung kommunaler Probleme zu beraten. Zunächst erhielt die Delegation einen Termin mit dem Provinzgouverneur von Damaskus, doch der wurde nur wenige Stunden später zurückgezogen. Die Begründung lautete, dass es passender wäre, einen solchen Besuch nach dem des türkischen Staatspräsidenten durchzuführen. İmamoğlu reagierte verärgert und deutete an, dass er türkische Regierungskreise hinter der Absage vermutet.
Auf der anderen Seite ließe sich natürlich auch die Frage stellen, ob der geplante Besuch nicht verfrüht war. Die Provinzgouverneure sind von einer Übergangsregierung eingesetzt worden, die über keine andere Legitimation verfügt, als dass es ihr gelungen ist, verschiedene Milizen zur Kooperation zu überzeugen. Wahlen sollen erst in vier Jahren durchgeführt werden. Von Kommunalwahlen war bisher nicht die Rede. Im Grunde fehlen darum zurzeit die kompetenten Ansprechpartner*innen auf syrischer Seite um über kommunale Kooperation zu sprechen.
Der CHP-Bürgermeister von Bolu Tanju Özcan hat ein Interview gegeben. Darin erklärt er stolz, dass er aus kommunalen keinerlei Hilfen für Syrer gewährt habe. Die zentrale staatliche Hilfe sei völlig ausreichend. Auch gibt es heute kein arabisches Firmenschild in der Stadt. Er habe über Nacht alle entfernen lassen und auch Betriebserlaubnisse entzogen, obgleich dies rechtswidrig war. Er erhöhte die Wassergebühren für die Syrer und die Gebühren für Trauungen. Natürlich sei dies rechtswidrig gewesen. Schließlich sei er ja Jurist. Wenn sie zum Verwaltungsgericht gegangen wären, hätte dies die Entscheidungen zurückgewiesen. Aber die Maßnahmen hätte eine Schockwirkung gehabt und keiner habe sich gewehrt.
Ein Bürgermeister diskriminiert syrische Flüchtlinge mit rechtmäßigem Aufenthaltstitel und freut sich über die Schockwirkung seiner Maßnahme, die die Opfer auf Rechtsmittel verzichten ließen. Und dies bleibt ohne Folgen. Amtsmissbrauch wäre der mindeste Vorwurf, den man dem Bürgermeister machen müsste. Und dies ist nach türkischem Recht strafbar. Und ob die CHP gut beraten ist, einen Politiker mit diesen Positionen in ihren Reihen zu dulden, wäre eine weitere Frage.
Die Regierung hat beschlossen, die Mindestrente um 15,75 Prozent auf 14.469 TL zu erhöhen. Dies entspricht der Inflation im zweiten Halbjahr 2024. Eine Erhöhung für das erste Halbjahr hat nicht stattgefunden. Dementsprechend steht einer offiziellen Jahresinflation von 44,38 Prozent eine Erhöhung von 15,75 Prozent gegenüber. Dass der Sozialminister Işıkhan gleichwohl davon spricht, dass die Regierung stets die Rente über der Inflation erhöht habe, wirkt demgegenüber wie ein Hohn.
Die erhöhte Mindestrente reicht nicht aus, um eine Person einen Monat lang zu ernähren. Von einer Rente als Alterssicherung kann darum wohl nicht gesprochen werden. Angesichts der Kluft zwischen den Lebenserhaltungskosten und der Mindestrente reicht auch eine private Altersversicherung nicht aus, um die Lücke zu schließen. Das Ergebnis ist Altersarmut. Der Kolumnist der Tageszeitung Karar Ali Verçin hat in einem Beitrag darauf hingewiesen, dass die Regierung die Frühverrentungsentscheidung vor zwei Jahren kostenneutral gehalten habe. Menschen im arbeitsfähigen Alter erhalten also einen kleinen Zuschuss während die Alterssicherung geopfert wird.