Kurzmeldungen: Alle Kurzmeldungen
Im Zuge seiner Vorwahlkampagne tourt Istanbul Oberbürgermeister Ekrem İmamoğlu durch die Republik. Auch wenn er keinen wirklichen Rivalen hat, gilt es, möglichst viele CHP-Mitglieder zur Abstimmung am 23. März zu mobilisieren. Der politische Prozess um die Auflösung der PKK dagegen geht in eine kritische Phase. Am kommenden Freitag wird Newroz gefeiert, ein Frühlingsfest von hoher politischer Bedeutung für viele Kurden. Derweil berichtet Ekonomim, dass bei einem Termin in der kommenden Woche die AKP der DEM 50 Bedingungen für die Auflösung der PKK übergeben wird. Außerdem steht ein vierter Besuch einer DEM-Delegation beim inhaftierten PKK-Führer Öcalan auf der Tagesordnung.
Berichten aus Syrien zufolge mündeten Kämpfe zwischen Milizen und Truppen der neuen syrischen Regierung entlang der Mittelmeerküste Syriens in zahlreiche Massaker und Plünderungen, von denen überwiegend Alawiten betroffen waren. Die Deutung, dass diese Massaker vorgesehen waren, birgt einige Plausibilität. Zunächst reagierten türkische Aleviten darauf. Um einen Protest vor dem syrischen Konsulat in Istanbul zu verhindern, wurde angefangen vom 9. März im Istanbuler Stadtbezirk Şişli ein dreitägiges Kundgebungsverbot verhängt. Die CHP rief die türkische Regierung auf, ihren Einfluss in Damaskus geltend zu machen, um die Sicherheit der Alawiten sicherzustellen.
Die Mittelmeerregion Syriens wurde weitgehend von den Kämpfen während des Bürgerkriegs verschont und stand unter Kontrolle der Assad Regierung. Neben einem bedeutenden alawitischen Bevölkerungsanteil lebten dort auch zahlreiche Offiziere und Funktionäre des Regimes. Mit dem Sturz des Regimes kam es bei Verhaftungen von Personen, denen Staatsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen wurden, immer wieder zu Feuergefechten. Aber auch jenseits dessen berichteten Alawiten von zahlreichen Übergriffen. Am 6. März erfolgten an vielen Orten zeitgleich Angriffe auf Regierungsposten und öffentliche Gebäude. Mehr als 100 Mitglieder der Sicherheitskräfte wurden getötet, auch Militärbasen eingenommen. Die Regierung sah sich veranlasst, Sicherheitskräfte aus dem ganzen Land zusammenzuziehen, um den Aufstand niederzuschlagen. Die Integration der Milizen in die neue syrische Armee ist bei weitem nicht abgeschlossen. Als Verstärkung kamen nicht nur reguläre Verbände, sondern auch islamistische Milizen. Es gibt verschiedene Aussagen, dass insbesondere die aus Nord-Syrien kommenden Milizen der Syrischen Nationalarmee für Morde und Plünderungen verantwortlich sind.
Ziel der Angriffe auf Regierungsposten war vermutlich kaum ein nationaler Aufstand gegen die neue Regierung. Sie waren allein auf die Mittelmeerregion beschränkt. Aber sie waren stark genug, um die Heranziehung von Verstärkung zu provozieren. Und es war absehbar, dass diese überwiegend aus islamistischen Milizen bestehende Verstärkung der alawitischen Bevölkerung feindselig gegenüberstand. Die Angriffe auf die alawitische Zivilbevölkerung waren demnach mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht nur absehbar, sondern vermutlich Ziel einer Provokation.
Der türkischen wie der syrischen Regierung kommt diese Entwicklung höchst ungelegen. Auch wenn unklar bleibt, wie groß der tatsächliche Einfluss der türkischen Regierung auf die syrische ist, hat sie sich international als Fürsprecher präsentiert. Und wenn nun die USA, die EU und auch der UN-Sicherheitsrat ihre Besorgnis über den Vorfall zum Ausdruck bringen, fällt dies zum Teil auch auf die Türkei zurück. Ungelegen kommt zudem auch eine Solidarisierung der türkischen Aleviten, während die türkische Regierung die Auflösung der PKK zu erreichen sucht.
Nur wenige Tage nach den Angriffen schlossen die Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) eine Vereinbarung mit der syrischen Regierung. Sie sieht die Eingliederung der kurdischen Selbstverwaltungsgebiete sowie der Miliz in die Institutionen des syrischen Staates vor und soll bis zum Jahresende vollzogen werden. Die Auflösung der SDF gehört zu den wesentlichen Zielen der türkischen Regierung bei der Auflösung der PKK. Nur hätte diese eine schnellere Auflösung unter konkreten Bedingungen vorgezogen. Die syrische Regierung wiederum dürfte das Interesse haben, dass es nach der Weigerung der syrischen Drusen, ihre Milizen der Regierung zu unterstellen und den Vorfällen in alawitischen Gebieten zu keinen neuen Komplikationen mit einem zentralen Akteur Syriens kommt.
Die Landwirtschaft gehört zu den Wirtschaftszweigen, die selten im Rampenlicht stehen, deren Entwicklung jedoch für die ganze Bevölkerung unmittelbar spürbar ist. Der kalte Februar hat unmittelbar zu einem schnellen Anstieg der Obst- und Gemüsepreise geführt. Doch es könnte anhaltendere Folgen haben. Die Kammern der Landwirtschaftsingenieure in Adana und Mersin haben gemeinsam eine Erklärung abgegeben. In beiden Provinzen gab es Ende Februar an fünf Tagen starken Frost. Der Frost hat nicht nur den Anbau von Citrusfrüchten betroffen, sondern auch die bereits bestellten Gemüseflächen. Die Landwirtschaftsingenieure warnen, dass die Landwirtschaftssaison in diesen beiden wichtigen Regionen beendet sein könnte, bevor sie überhaupt begonnen hat. Frostschäden im Mittelmeerraum können bis zum Sommer zu massiven Ernteverlusten und damit zu hohen Preisen führen. Die Schäden an den Bäumen dagegen könnten sogar einige Jahre nachwirken.
Aber Frost ist nicht das einzige Problem. Die Provinzverwaltung von Aydın hat den Landwirten mitgeteilt, dass aufgrund von Dürre in diesem Jahr nur die Hälfte der Flächen, die an das Bewässerungsnetz angeschlossen sind, auch mit Wasser versorgt werden können. Für Landwirte, die bereits Saatgut und Dünger gekauft haben, kommt diese Nachricht sehr spät. Hinzu kommt, dass in diesem Jahr zur „geplanten Landwirtschaft“ übergegangen werden sollte. Die Betriebe sollten bereits im Winter anmelden, was sie in diesem Jahr anbauen wollen. Die Landwirtschaftsförderung erfolgt auf der Grundlage dieser Anmeldungen. Doch zumindest für einen Teil der Betriebe in Aydın stellt sich nun das Problem, dass sie ohne Bewässerung den angemeldeten Anbau nicht durchführen können.
Gazete Duvar war eine Nachrichtenplattform mit bekannten Journalistinnen und Journalisten, solider Berichterstattung und einem Meinungsspektrum jenseits des Allbekannten. Nun musste das Projekt aufgegeben werden. Der Inhaber erklärt, dass die Lage zwar bereits im vergangenen Jahr schwierig, aber handhabbar gewesen sei. Doch mit einem Algorithmuswechsel bei Google Mitte vergangenen Jahres seien die Aufrufzahlen eingebrochen. Damit verbunden gingen die Werbeeinnahmen zurück. Die Schließung von Gazete Duvar sollte die Ansprüche der Beschäftigten auf Lohn und Abfindung schützen.
Unmittelbar nach dieser Entscheidung wandten sich sechs Nachrichtenplattformen und Zeitungen in einem offenen Brief an Google und kritisieren, dass durch die Änderung des Such-Algorithmus insbesondere unabhängige und oppositionelle Medien in ihrer Existenz gefährdet würden.
In einem Interview mit Eray Özer von T24 erklärte der internationale Sprecher von Google Danny Sullivan, dass Google die politische Orientierung von Quellen nicht bewertet und schon gar nicht als Kriterium für das Ranking heranziehe. Die wachsende Kritik an Google in verschiedenen Ländern führte er auf einen psychologischen Effekt zurück: man beschwert sich, wenn man sich benachteiligt fühlt, nehme jedoch positive Entwicklungen als selbstverständlich hin.
Nun lassen sich Aufrufzahlen und Referenzen auf Webseiten objektiv messen. Wenn in der Türkei unabhängige Nachrichtenmedien jede für sich einen drastischen Rückgang der Google-Referenzen feststellen, muss eine Veränderung bei Google stattgefunden haben. Jenseits der Frage, ob diese gezielt erfolgt ist, stellt sich die Frage, ob die Qualität der Suchmaschine dadurch beeinträchtigt wird. Wenn kleinere Webseiten mit originären Inhalten benachteiligt werden, kann von einem Qualitätsverlust ausgegangen werden.
Das Problem reicht jedoch weit über Google hinaus. Letztlich geht es darum, wie Medien in Zukunft ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit bewahren können. Wenn sie nur noch über Abonnements finanziert werden können, kann in Zukunft kaum noch von einer Öffentlichkeit gesprochen werden, weil ein Großteil der Menschen keinen Zugang mehr zu den Berichten und Diskussionen hat.
Der Vergleichsdienst Endeksa gibt an, dass die durchschnittliche Monatsmiete im Istanbuler Stadtbezirk Esenyurt bei 16.714 TL liegt. Am höchsten dagegen liegt sie in Sarıyer mit 64.266 TL. Der Mindestlohn liegt zurzeit bei 26.005 TL. Angesichts der Wohnraumknappheit wird davon ausgegangen, dass die Mieten weiter steigen werden.
Sowohl die Regierung als auch die Metropole Istanbul haben Wohnungsbauprogramme und Stadtsanierungsprojekte aufgelegt. Doch selbst im geförderten Wohnungsbau sind die Kosten so hoch, dass sie für Normalverdienende nicht erschwinglich sind. Hintergrund sind nicht nur die Baukosten, sondern vor allem das Bauland.
Angesichts der hohen Lebenserhaltungskosten hat der Bevölkerungszuwachs von Istanbul zu stagnieren begonnen. Doch solange es nicht gelingt, jenseits der Ballungsräume Beschäftigungsmöglichkeiten und ausreichende soziale Infrastruktur zu schaffen, wird der Siedlungsdruck anhalten.